Ein Unfall für mehr Sicherheit.
Omnibus Magazin

Ein Unfall für mehr Sicherheit.

Rückblick auf den Crashtest des Mercedes-Benz Tourrider für Nordamerika.

Verantwortung verpflichtet. Wie kaum ein anderer Hersteller hat Mercedes-Benz das Thema Sicherheit bei Reisebussen vorangetrieben. So auch beim Mercedes-Benz Tourrider. Eigens zum Markteintritt in Nordamerika wurde daher ein aufwendiger Crashtest durchgeführt.

Der Mercedes-Benz Tourrider musste vor dem Serienstart zahlreiche Tests absolvieren. Er ist sogar einer der wenigen Busse weltweit, mit dem ein Crashtest durchgeführt wurde. Im Gespräch mit dem Omnibus Magazin blicken Projektleiter Orhan Dönmez, Versuchsingenieur Peter Schmutz und Teamleiter Exterieur Recep Karakiş auf die Entwicklungsphase des Tourrider zurück und berichten, wie der Crashtest genau ablief und welche Erkenntnisse gewonnen wurden.

Ein Unfall für mehr Sicherheit. - Rückblick auf den Crashtest des Mercedes-Benz Tourrider für Nordamerika.

Das Fahrzeug wird aus der Halle gezogen, in dem es zuvor für den Versuch aufwendig vorbereitet wurde.

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Das Fahrzeug wird aus der Halle gezogen, in dem es zuvor für den Versuch aufwendig vorbereitet wurde.

Ein Unfall für mehr Sicherheit. - Rückblick auf den Crashtest des Mercedes-Benz Tourrider für Nordamerika.

Projektleiter Orhan Dönmez kennt den Mercedes-Benz Tourrider bis ins letzte Detail. Der Crashtest diente ihm zur Verifizierung der in der Simulation errechneten Ergebnisse.

Keiner kennt den Mercedes-Benz Tourrider besser als Orhan Dönmez. Als Projektleiter leitete er die Entwicklung und Erprobung des Reisebusmodells für den nordamerikanischen Markt – von der Erstellung des Lastenhefts bis zum Bau der ersten Serienfahrzeuge. Gefragt nach den größten Herausforderungen während der rund vier Jahre dauernden Projektphase kommt der erfahrene Ingenieur schnell auf ein Ereignis zu sprechen, das fast am Ende der Entwicklungsphase stand: ein Crashtest, mit 25 km/h frontal gegen eine massive Betonwand.

„Die Durchführung von realen Crashtests ist bei Bussen weder in Europa noch in den USA vorgeschrieben“, erklärt Dönmez. „Daimler Buses ist einer der wenigen Hersteller weltweit, der bei solch neuen Konstruktionen wie dem Mercedes-Benz Tourrider dennoch freiwillig einen realen Crashtest durchführt. Wir möchten die maximale Sicherheit für Fahrer und Fahrgäste gewährleisten, und haben daher beim Tourrider den Crashtest genutzt, um unsere Simulationen im praktischen Versuch zu verifizieren.“

„Daimler Buses ist einer der wenigen Hersteller weltweit, der bei neuen Bus-Typen einen realen Crashtest durchführt.“

Orhan Dönmez, Projektleiter Mercedes-Benz Tourrider

Eines der wenigen, auf Nutzfahrzeuge spezialisierten Crashtest-Zentren in Europa befindet sich in Neumünster, nördlich von Hamburg. Hier, auf der Crashtest-Bahn der DEKRA Automobil GmbH, wurde ein Prototypen-Modell des Mercedes-Benz Tourrider einem Frontalaufprall auf eine starre Barriere mit 100 Prozent Überdeckung unterzogen. Soll heißen: Die Fahrzeugfront kollidierte über ihre gesamte Breite mit einer massiven Betonwand. Es handelt sich dabei um einen internen Crashlastfall von Daimler Buses.

Weil es für Crashtests von Omnibussen, anders als bei Pkw, keine gesetzlich vorgegebene Prüfvorschrift gibt, haben die Entwickler von Daimler Buses die Kriterien und Parameter für einen solchen Test schon vor Jahren selbst festgelegt. Beispielsweise die Aufprallgeschwindigkeit: Der Crash mit Tempo 25 km/h frontal auf eine Betonwand entspricht dem einer realen Situation, bei welcher der Fahrer bei Reisegeschwindigkeit zwar noch bremsend eingreifen, den Aufprall aber nicht mehr verhindern kann.

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DEKRA-Ingenieur Markus Gärtner richtete den Dummy exakt nach Vorgabe aus, damit die Ergebnisse des Crashs mit früheren und künftigen Versuchen vergleichbar sind.

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Die weißen Aufkleber auf dem Lenkrad und dem Gesicht des Dummys sorgen für besseren Kontrast und eine einfachere Auswertung der Bilder aus den Hochgeschwindigkeitskameras.

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Die weißen Aufkleber auf dem Lenkrad und dem Gesicht des Dummys sorgen für besseren Kontrast und eine einfachere Auswertung der Bilder aus den Hochgeschwindigkeitskameras.

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Die Einhaltung bestimmter Sitz- und Lenkradpositionen sichert die Vergleichbarkeit mit früheren und künftigen Crashtests.

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Über die DEKRA.

Die DEKRA ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen. Rund 44.000 Mitarbeiter sind in mehr als 50 Ländern auf fünf Kontinenten im Einsatz. Sie bietet u.a. qualifizierte und unabhängige Expertendienstleistungen im Bereich Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertifizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit

Vor dem Crash standen tagelange Vorbereitungen auf dem Programm. Schließlich gab es nur einen Versuch und der musste sitzen. Sensoren installieren, Kameras ausrichten, die einwandfreie Funktion des Seilzugs zur Beschleunigung des Testfahrzeugs gewissenhaft prüfen, den Crashtest-Dummy auf dem Fahrersitz platzieren, winkelgenau ausrichten und die Hände mit Klebeband am Lenkrad fixieren. Die Fachleute der DEKRA hatten vor dem Crash alle Hände voll zu tun.

„Während des Tests zeichneten Hochgeschwindigkeitskameras das Geschehen im Innenraum und von außen in Super-Zeitlupe auf“, berichtet Orhan Dönmez. Spezielle Sensoren haben die Beschleunigungen gemessen, die auf Fahrer und Fahrgäste wirken. Die Messwerte der Dummy-Sensoren liefern zusätzliche Erkenntnisse über das mögliche Verletzungsrisiko für den Fahrer bei einem derartigen Frontalzusammenstoß.

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Nach mehreren Tagen Versuchsvorbereitung zieht ein Gabelstapler den Tourrider zur letzten Kontrolle auf seine Endposition.

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Nach mehreren Tagen Versuchsvorbereitung zieht ein Gabelstapler den Tourrider zur letzten Kontrolle auf seine Endposition.

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Glas splittert, Blech und Vierkantrohre verbiegen sich, wenn 17 Tonnen Reisebus gegen ein stehendes Hindernis prallen.

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DEKRA-Ingenieur Carsten Steppan überwachte die Computersteuerung des Seilzugantriebs, welche die gewünschte Aufprallgeschwindigkeit sicherstellt.

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Der Front Collision Guard im Tourrider bietet bei einer Frontalkollision erhöhte Sicherheit durch ein Querprofil, hinter dem sich Crash-Elemente befinden.

Dass bei einem Aufprall mit einer scheinbar niedrigen Geschwindigkeit von 25 km/h bereits gewaltige Kräfte auf den Bus und damit auf Fahrer und Fahrgäste einwirken, zeigen die Auswertungen der Crashsensoren, die über die ganze Länge des Fahrzeugs verteilt sind.

Die höchsten Kräfte treten erwartungsgemäß nur Millisekunden nach dem Aufprall im Vorderwagen im Bereich des Fahrerplatzes auf. Um dem Rechnung zu tragen, hat Daimler Buses den Tourrider mit dem Sicherheitssystem Front Collision Guard ausgestattet. Beim Aufprall kann sich eine steife Unterbaustruktur, auf welcher der Fahrersitz befestigt ist, gezielt nach hinten verschieben. Das Ziel ist es, dass der Fahrer dadurch Überlebensraum gewinnt. Die kinetische Energie wird von Absorberstrukturen im und hinter dem Stoßfänger sowie im Unterbau aufgenommen.

Front Collision Guard

Der Front Collision Guard bietet bei einer Frontalkollision erhöhte Sicherheit durch ein Querprofil, hinter dem sich Crash-Elemente befinden. Deren Absorberstruktur wandelt die Aufprallenergie in Verformungsenergie um. Das Querprofil dient als verlässlicher Unterfahrschutz. Da der Fahrerplatz auf einem massiven Rahmenteil montiert ist, kann dieses sich bei einem Frontalunfall vollständig nach hinten verschieben und den Schutzraum des Fahrers besser erhalten.

„Wir können aufgrund unserer Auswertungen sagen, dass der Front Collision Guard sehr wahrscheinlich erheblich zum Schutz des Fahrers im Falle eines Frontalaufpralls beiträgt.“

Peter Schmutz, Versuchsingenieur bei Daimler Buses

Die Messwerte der Sensoren im Crashtest-Dummy belegen es: Trotz des extrem harten Aufpralls lagen die Beschleunigungswerte sehr weit unterhalb der Grenzwerte. Die Bilder der Hochgeschwindigkeitskameras zeigen zudem, dass der Dreipunkt-Sicherheitsgurt seinen Zweck bestens erfüllt. Er hält den Körper des Dummys zuverlässig zurück und verhindert so einen Aufprall auf das Lenkrad oder auf das Armaturenbrett.

Versuchsingenieur Peter Schmutz zeigt sich mit den Ergebnissen des Crashtests sehr zufrieden: „Die Auswertungen bestätigen, was unsere Simulationen bereits gezeigt haben: Wir können aufgrund unserer Auswertungen sagen, dass der Front Collision Guard sehr wahrscheinlich erheblich zum Schutz des Fahrers im Falle eines Frontalaufpralls beiträgt. Im Fahrgastraum lassen sich kaum Beschädigungen feststellen.“ Damit hat der Tourrider gezeigt, dass er nicht nur bei Fahrkomfort und Antrieb, sondern insbesondere auch in puncto Sicherheit ein echter Mercedes-Benz ist.

Ein Unfall für mehr Sicherheit. - Rückblick auf den Crashtest des Mercedes-Benz Tourrider für Nordamerika.

Erste Bestandsaufnahme: Projektleiter Orhan Dönmez (links) und Versuchsingenieur Peter Schmutz beurteilen die auf den ersten Blick sichtbaren Schäden. Verwertbare Ergebnisse brachte die anschließende Auswertung aller Messdaten, Filmaufnahmen und Bilder.

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Nach dem Crashtest schleppt ein Gabelstapler den Omnibus wieder zurück.