Lebendige Omnibusgeschichten.
Omnibus Magazin

Lebendige Omnibusgeschichten.

Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Die weltweite Erfolgsstory der Omnibusse ist einzigartig. Vier Exponate aus dem Mercedes-Benz Museum erzählen ihre ganz eigene Geschichte. Das Omnibus Magazin hat aufmerksam zugehört.

Als die Netphener Omnibus Gesellschaft mbH am 18. März 1895 mit dem weltweit ersten Omnibus von Carl Benz startete, ahnte wohl noch niemand, welchen Siegeszug dieses neuartige Verkehrsmittel antreten würde. Entsprechend umfangreich widmet sich das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart seinen rollenden Schätzen, die nicht nur die Mobilität grundlegend veränderten sondern auch das Reisen nachhaltig beeinflussten.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Zählt zu den Stars des Mercedes-Benz Museums: ein farbenfroher LO 1112 aus Argentinien. Die auffällige Gestaltung sollte Passagiere anziehen.

Es ist das Jahr 1969 als der Busfahrer Hector Prieto einen LO 1112 zusammen mit Kollegen erwirbt und damit die Linie 6 in Buenos Aires bedient. Das war nicht ungewöhnlich, denn zu dieser Zeit gibt es in Buenos Aires keine städtischen Verkehrsbetriebe. So schließen sich Fahrer mit jeweils einem Bus zusammen und richten gemeinsam einen Regelbetrieb auf einer Linie ein: Die Gemeinschaftsbusse („Colectivos“) werden geboren. Sie bilden das Rückgrat des Personennahverkehrs, denn sie fahren zu regelmäßigen Zeiten, auf die sich die Fahrgäste verlassen können.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

„Charakteristisch sind die zahlreichen aufgemalten Glückssymbole an der Außenhaut.“

Die farbenfrohe Gestaltung ist gleichzeitig Werbung. Denn auf den lukrativen Linienrouten durch die argentinische Hauptstadt fährt nicht nur eine Unternehmergemeinschaft, mehrere Gruppen konkurrieren miteinander. Jedes „Colectivos“ arbeitet mit Auffälligkeit und Sympathiewerten, um möglichst viele Passagiere anzuziehen. Charakteristisch sind die zahlreichen aufgemalten Glückssymbole an der Außenhaut und im Inneren, Spielkarten und Würfel etwa oder Zauberutensilien. So wird der Bus zum Glücksbringer für Fahrer und Fahrgäste gleichermaßen.

Gebaut wird der LO 1112 auf einem Lastwagenfahrgestell aus Deutschland mit einer landestypischen Omnibuskarosserie im Mercedes-Benz Werk Buenos Aires. Dieses wird vor gut 70 Jahren gegründet und ist das älteste Auslandswerk des Unternehmens. Die mit Abstand meisten „Colectivos“ entscheiden sich für einen Omnibus von Mercedes-Benz – der Marktanteil beträgt über Jahrzehnte rund 90 Prozent.

Prieto mustert 1984 sein Schmuckstück nach 15 Dienstjahren aus. Über viele Jahre steht der prächtige LO 1112 in einem Depot. Als Mercedes-Benz den Museumsneubau in Stuttgart plant und Exponate mit besonderer Biografie sucht, wird Prieto, längst ein erfolgreicher Busunternehmer mit einer großen Fahrzeugflotte, aktiv: Er lässt den Bus 1999 komplett restaurieren und im einstigen Glanz erstrahlen. Noch im selben Jahr tritt das Schmuckstück die Schiffsreise nach Europa an, rollt schließlich auf eigener Achse in Stuttgart ein und gehört seit Oktober 2000 zur Fahrzeugsammlung von Mercedes-Benz Classic.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Reisen ohne Hast: Der im Mercedes-Benz Museum gezeigte Luxus-Reisebus O 3500 war für den in den 1950er-Jahren beginnenden Tourismus-Boom perfekt geeignet.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Aus den Städten in die Ferne zu beliebten Ferienzielen geht es in den 1950er Jahren mit dem Mercedes-Benz O 3500. Er markierte den Neuanfang und den Wunsch nach Normalität, denn es ist der erste nach Kriegsende konstruierte Mercedes-Benz Omnibus. Noch ist er als klassischer Langhauber konzipiert, der auf einem Lkw-Fahrgestell sitzt. In verschiedenen Varianten gibt es ihn als Linien- und Reisebus. Das in Stuttgart ausgestellte Fahrzeug ist ein Luxus-Reisebus mit Dachrandverglasung, wie er in den 1950er-Jahren auch für den Italien-Tourismus zum Einsatz kommt.

„Der O 3500 ist der erste nach Kriegsende konstruierte Mercedes-Benz Omnibus.“

Seine Besonderheit ist ein riesiges Falt-Schiebedach, welches bei Stadtrundfahrten und auf Touren mit spektakulärer Landschaft zum Einsatz kommt. Stolze 4580 Kubikzentimeter beträgt der Hubraum des 6-Zylinder-Motors, allerdings muss der Fahrer mit gerade einmal 90 PS auskommen, was ein vorausschauendes Fahren erfordert. Doch der Bus passt hervorragend in seine Zeit: Reisen statt Rasen lautet das Motto, von der hektischen Betriebsamkeit moderner Tage keine Spur.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Alle Teams fahren den Stern: Zur Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland stellt Mercedes-Benz den Teams 16 luxuriös ausgestattete Reisebusse des Typs O 302 zur Verfügung.

Ein Bus, der Sport-Geschichte erzählt, ist der im Museum ausgestellte Mercedes-Benz O 302. Als die Fußballweltmeisterschaft 1974 in der Bundesrepublik Deutschland ausgetragen wird, stellt Mercedes-Benz 72 Busse für Spieler und Funktionäre zur Verfügung, darunter 16 luxuriös ausgestattete Reisebusse des Typs O 302 für die Teams. Zur extravaganten Ausstattung gehören die “Thermo King”-Klimaanlage auf dem Dach, eine Bordküche und eine Toilette. Auf die Busse war in großen Buchstaben der Name des Heimatlandes der Spieler und die jeweilige Nationalflagge lackiert. Im Bus der bundesdeutschen Nationalelf gab es an jedem Platz ein Namensschild für die Spieler.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Bus für Champions: Der 1974er Mannschaftsbus der deutschen Fußballnationalmaschaft O 302 wurde anhand von Originaldokumenten aufwändig rekonstruiert.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.
Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.
Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.
Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.
Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

In dem Maße, in dem der Verkehr in den Städten zunahm, wuchs die Bedeutung der Linienbusse. Kommunale Verkehrsbetriebe benötigten eine immer größere Anzahl von Fahrzeugen und der Wunsch nach einer Standardisierung wuchs. Der O 305 zählt zur ersten Generation der Standard-Linienbusse, mit der 1967 eine Vereinheitlichung der im Liniendienst eingesetzten Omnibustypen beginnt. Und so unscheinbar das in Stuttgart ausgestellte Fahrzeug auf den ersten Blick auch wirken mag, es legte mit den Grundstein für den Erfolg und die Bedeutung, die Busse heute besitzen.

„Mehr als eine Million Kilometer hat der O 305 zurückgelegt.“

Man sieht dem Ausstellungstück sein Arbeitsleben an. Abgewetzte, blankgeriebene Einstiegsstufen erzählen von Millionen Schuhsohlen, die tagein, tagaus den Bus nahmen, um zur Arbeit, nach Hause oder zu Freunden zu fahren. Wenn der Blick über die plüschigen Original-Polster streift, ist man versucht, sich vorzustellen, wer hier alles saß. Immerhin 15 Jahre war der Museums-Bus bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) von 1980 bis 1995 im Einsatz. Mehr als eine Million Kilometer hat der O 305 dabei zurückgelegt.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.

Einer für alle: Mit dem O 305 kam Mercedes-Benz den Forderungen der kommunalen Verkehrsbetriebe nach Standardisierung nach.

Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.
Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.
Lebendige Omnibusgeschichten. – Vier Omnibusse aus dem Mercedes-Benz Museum im Portrait.